Den Stein dreimal gedreht

Am 16. Juni startete die neue Workshopreihe Querstreben – natürlich was bauen mit dem Bau einer Natursteinmauer in der Öase Marsdorf.
Von Freitagabend bis Sonntagmittag wurde unter der Leitung des Garten- und Landschaftsbauer Michael Höher ein 3,5 Meter langes Mauerstück rückgebaut und mit verbesserten ökologischen und optischen Eigenschaften neu aufgebaut. So entstand eine in Zement gesetzte Natursteinmauer, an den Sichtseiten als Trockenmauer ausgeführt.
Doch der Reihe nach:
Freitagabend ging es mit dem Rückbau los. Beim Abtragen der Mauer ließen wir, zur Orientierung für die neue Mauer, ein Randstück stehen. Auch verblieben ein paar große Fundamentsteine im Boden, sie dienen als Basis für den Neuaufbau. Die entfernten Granitsteine sortierten wir nach ihrer Größe auf unterschiedlichen Haufen, denn aus ihnen soll die neue Mauer erwachsen.
Am Samstag bekamen die Teilnehmer*innen eine Einweisung in das Mauerbauen anhand regelmäßig geformter Granitsteine. Ein Stein soll dabei so gesetzt werden, dass seine Grundfläche im Verhältnis 1/3 zu 2/3 zwei darunterliegende Steinen abdeckt. Die Form und Ausrichtung des Steins ist dabei so zu wählen, dass er an drei Punkten wackelfrei aufsitzt und an der Sichtseite ein Gefälle von 10% entsteht. Passt der Stein auch nach mehrmaligem Drehen nicht, hilft entweder der Griff nach einem anderen Stein oder es werden, mittels Hammer und Meißel, Anpassungen vorgenommen. Für den gewünschten Erfolg ist beim Meißeln stets auf die Aderung der Steine zu achten. Mit ihrer längeren Seite nach außen gesetzte Steine werden als Läufer bezeichnet, um 90 Grad gedreht dienen sie als Binder zur Versteifung. Auf der Fläche von einem Quadratmeter sollen drei Binder vorhanden sein.
Jetzt ging es von der Probemauer an das eigentliche Objekt. Statt regelmäßig geformter Steine mussten nun die für ihre jeweilige Position passenden Bruchsteine gesucht werden. Es wurde schnell klar, dass es dazu einen geschulten Blick und eine ordentliche Portion Geduld benötigt. ‚Michael, was sagst du zu diesem Stein, passt er hier?‘ – ‚180 Grad drehen, dann passt’s.‘ – dreimal gedreht und tatsächlich, viel besser.
So arbeiteten wir uns Schicht für Schicht dem Himmel entgegen. Zu den beiden Sichtseiten hin wurden möglichst große Steine gesetzt, kleine Lücken wurden dabei mit Zwickern gestopft. Die Mitte wurde mit kleineren Steinen gefüllt und mit etwas Zement fixiert. An der Mauerecke wurden Sandsteinquader eingesetzt. Die Zementmischung bestand aus drei Teilen Sand zu einem Teil Zement, die Wassermenge wurde je nach gewünschter Konsistenz festgelegt. Zur verbesserten Bindung wurden die Steine im Mauerwerk vor dem Aufbringen des Zements befeuchtet.
Zum Abend hin war, zumindest stellenweise, die Höhe der Alten Mauer von einem Meter erreicht und es konnte eine Richtschnur zur Orientierung gespannt werden. Nach einem wohlverdienten Bad im Waldsee ließen wir den Abend bei einem ausgiebigen Abendessen ausklingen.
Reicher an den Erfahrungen des Vortags wurden mit neuer Energie die passenden Steine für die letzten Lücken gesucht und gefunden. Um die Mauer vor eindringendem Wasser zu schützen, welches vor allem bei Frost große Schäden anrichten kann, setzten wir ihr nun eine passende Krone auf. Hierzu wurde ein quadratischer Mittelstreifen gesetzt und im Anschluss eine 45 Grad Schräge zu den Außenseiten hin hergestellt. Dabei surrte der Zementmischer kräftig, denn zum gründlichen Schließen der Lücken wurde bei der Krone mit Zement eher geklotzt als gekleckert. Saßen alle Steine an ihrer gewünschten Position wurden vorhandene Ritze sorgfältig mit Zement, unter Zuhilfenahme einer Kelle, gefüllt. Für eine schöne Optik wurden die Zementfugen mit einem Quast geglättet. Mit einem Wasserschlauch und einem feuchten Putzlappen (besser geeignet ist ein Schwamm) wurden schließlich noch die letzten Schleier entfernt. Für eine gute Aushärtung ist der Beton noch zwei Tage nachzufeuchten.
TADAAA, da steht sie nun, unsere selbst gebaute Natursteinmauer! Ist sie nicht schön geworden?
Neben der optischen Aufwertung freuen wir uns darüber, dass nun allerhand Tiere in den Ritzen einen Schutz finden können. Für die Pflanzenwelt ist eine solche Mauer vor allem als Windschutz und Wärmespeicher interessant. Vielleicht kommt aber auch der ein oder andere Marienkäfer aus seiner neuen Behausung herbeigeflogen und verspeist ein paar Blattläuse.
Vielen Dank an den Referenten Michael für das Teilen seines Wissensschatzes, sowie an die Öase Marsdorf für die Organisation des Workshops!
Bericht und Fotos sind von Jochen aus dem Querstreben-Team.

[flickr_set id=“72157683318336800″ captions=“false“]